Samstag, 6. Juni 2009
konkret-Herausgeber Hermann L. Gremliza hat ein sehr interessantes Interview mit Michel Friedman geführt. In diesem Interview äußert sich Friedman u.a. darüber, wie Antisemitismus und Rassismus langsam wieder vom Rand der Gesellschaft in deren Mitte rückt.

(...)Gremliza: Anlässe häufen sich, bei denen diese Ambivalenz enorm gestreßt wird. Zwei Beispiele aus den letzten Tagen:
In Supermärkten im ganzen Land hängt derzeit ein Zettel: "Im Internet und an anderer Stelle werden seit dem 8. Januar 2009 unzutreffende Behauptungen über angebliche Spenden unseres Hauses an Israel verbreitet. Wir wissen nicht, wer diese unzutreffenden Behauptungen aufgestellt hat. Deswegen stellen wir hiermit unmißverständlich und in aller Eindeutigkeit klar: Es ist absolut unzutreffend und frei erfunden, wenn behauptet wird, daß (Firmenname) an Israel Spenden leistet. Eine solche Absicht besteht nicht und hat auch nicht bestanden."
Zweites Beispiel: Eine Comedy-Sendung in der ARD widmet sich der Taubenplage. Außenaufnahme auf einem Marktplatz, im Bild ein Falkner mit einem Bussard, der die Tauben jagen und töten soll, sich aber bloß auf einem Telegrafenmasten niederläßt. Der Moderator fordert mehr Einsatz und kommentiert, wörtlich: "Wir sind ja hier, um die finale Lösung der Taubenfrage anzustreben."
In beiden Fällen handelt es sich um Idole der Bundesrepublik, im ersten um die Firma Aldi, im Besitz der beiden reichsten Männer der Republik, im zweiten um den überlebensgroßen Gymnasiasten Harald Schmidt, mehrfacher Träger des Grimme-Preises und zwei Dutzend weiterer Dekorationen.

Friedman: Seit den achtziger Jahren, aber spätestens in den Neunzigern hat sich der Antisemitismus vom Rand der Gesellschaft in die Mitte vorgeschoben. Mehr und mehr sind hier, im wahrsten Sinne des Wortes, unverschämt. Was bei den Ewiggestrigen in den Hinterzimmern der Kneipen stattfand, findet heute beim Champagnerempfang mit Menschen in Dreiteilern und Cocktailkleidchen statt.
Auch die Reaktion auf solche Vorkommnisse hat sich deutlich verschoben. Der Satz "Wehret den Anfängen", mit dem ich aufgewachsen bin, gilt in Deutschland schon lange nicht mehr. Wir sind weit über die Anfänge hinaus. In mehreren Länderparlamenten sitzen menschenverachtende Verfassungsfeinde. Bürger wählen diese Leute in freien Wahlen, und sie wissen, was sie tun. In vielen politischen Auseinandersetzungen wird der Nationalsozialismus durch Vergleiche verharmlost. (...) Quelle: konkret-verlag.de



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Vom 12. - 14. Juni findet in Mainz-Kastel wieder das Meeting of Styles (ehem. WallStreet Meeting) statt. Am Brückenkopf werden sich Graffiti-Writer und Crews aus aller Welt, Breaker, DJs und MCs treffen, um dieses farbenfrohe Ereignis zu feiern. Bilder und Informationen gibt es auf Meetingofstyles.com